. Zahlungsfaehigkeit, Zwangskurspapiergeld_3564

(Dis)

Zahlungsmittelversorgung

 

"Ihr wollt doch, dass alle Welt zahlungsfaehig ist und stellt den Mangel an Zahlungsmitteln als das groesste Uebel hin. Trotzdem aber seid ihr Gegner der Versorgung des Volkes mit Zahlungsmitteln durch die Regierung, und nennt es Inflation, wenn dabei die Preise ein bisschen steigen. Ihr solltet lieber die Taetigkeit der Preiskommissare unterstuetzen!"

 

1) Wenn eine Regierung zusaetzliches Zwangskurs-Papiergeld druckt und damit Beamtengehaelter etc. bezahlt, so tut sie das nicht, um das Volk mit Zahlungsmitteln zu versorgen, sondern um sich selbst mit Zahlungsmitteln zu versorgen, besonders wenn die Steuerschraube bereits ueberdreht ist.

 

2) So lange es ein Zwangskurspapiergeld gibt, und die Regierung mehr davon in den Verkehr bringt, als der Verkehr ohne Zwangskurs zum Nennwert annehmen wuerde, so lange hat auch die Erfahrung bestaetigt, dass das Papiergeld gerade da nicht hingelangt, wo es am dringendsten gebraucht wird. Ganz typisch ist die Erfahrung waehrend der ersten deutschen Inflation. Den Arbeitgebern fehlten bestaendig die Lohngelder. Damit die Arbeitgeber am Zahltag die Loehne zahlen konnten, mussten ihre Kassenboten sich morgens um 3 oder 4 Uhr an der Reichsbank anstellen. Dann hatten sie Aussicht, mittags um 12 Uhr Lohngelder zu bekommen - oft nicht so viel, dass es fuer die ganze Woche reichte, so dass sie nach 3 Tagen oder schon am naechsten Tag wiederkommen mussten. Diese Erscheinung war umso haeufiger, je mehr Zwangskurs-Papiergeld die Regierung druckte und ausgab.

 

Dass bei diesem System die Preise nicht nur ein bisschen steigen, haben wir alle lange genug durchexerziert, um es endlich zu begreifen, und dass noch nie ein Preiskommissar das Steigen der Preise verhindern konnte, und dass die strengsten Strafen nichts halfen, das haben wir doch alle erlebt und sollten es nun endlich glauben. Die Zweifler aber sollten endlich anfangen den eigenen Kopf anzustrengen und darueber nachzudenken, weshalb das gar nicht anders sein kann; wenn vernuenftige Leute versuchen, es ihnen zu erklaeren, dann antworten sie ja doch nur mit Wutgeschrei und bestenfalls mit Phrasen.

 

Bth. 10.10.56.

 

 

 

 

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First published in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Page 3564.